AEWO - Alles ein wenig ordentlich
4. Januar 2020, 19:33

Der Reiz der Schweiz

Statue am Hafen Zürich mit Blick auf den Zürichsee
Statue am Hafen Zürich mit Blick auf den Zürichsee

Eigentlich dachte ich ja, meine Reiseplanung für 2019 wäre schon abgeschlossen. Aber dann traf ich Berenike und plötzlich ergab sich die Möglichkeit einer längeren gemeinsamen Reise. Sie wollte zwei Konzerte in der Schweiz besuchen, eins in Genf und eins in Zürich. Dadurch stand das Reiseziel entspannterweise schon fest und man musste nicht entscheiden, wo es denn hingehen könnte.
Am Ende war es mit 9 Tagen, die ich unterwegs war, sogar meine längste Reise seit vielen Jahren.

Der Weg in die Schweiz – Tag 1

Eine Schwierigkeit gab es für mich: eigentlich war ich krank und ich musste den Hinweg nach Genf alleine bewältigen, weil Berenike vorher noch ein Konzert in Italien besuchte und über Mailand anreiste. Damit es sich für mich gemütlich anfühlt, habe ich die Anreise aber mit Zwischenübernachtung in Olten geplant.

Der Tag startete gesundheitlich dann aber zum Glück gut und es blieb auch ausreichend gut den ganzen Tag. Und auch die Zugfahrt mit der deutschen Bahn lief bei mir wie fast immer gut. Alles pünktlich. Drei kleine Probleme gab es, aber die empfand ich als nicht so schlimm. In Leipzig stand an der Tafel, dass Waggons fehlen würden. Wovon im Internet nichts stand. Mein Waggon war aber da und so richtig ersichtlich war für mich nicht, ob wirklich ein Waggon fehlte. Bei der zweiten Etappe von Frankfurt aus gab es geänderte Wagenreihung. Und obwohl dieser Zug dann nach Interlaken (über Olten) durchfahren sollte hieß es dann, dass der Zug aus betrieblichen Gründen in Basel endet und man dort in bereitgestellten Zug umsteigen soll. Die Ansage welcher Gleis war zwar falsch und vor Ort verwirrend, aber ich fand den richtigen Zug noch.

Was ich auch sagen muss: bei der Wahl der Zugstrecke habe ich extra bei Umsteigezeit größer 30 Minuten eingestellt. Es war dann eine Stunde in Frankfurt und ich finde, dass trägt auch viel zur Entspannung bei. Zum einen hat man kaum Stress mit den abartig knappen Umsteigezeiten, die die Bahnseite von sich aus vorschlägt und zum anderen kann man sich da etwas die Beine vertreten und vor Ort im Bahnhof noch schön in Ruhe Kaffee und Kuchen verspeisen.

In Olten kam ich dann im Dunkeln an, was vermutlich nicht zu einem guten ersten Eindruck beitrug. Irgendwie war es kalt und nieselig, man sah nix, es lungertem auffällig viele dubiose Gestalten da in und an dem größeren Umsteigebahnhof rum.
Das Hotel Amaris fand ich dann aber schnell, es war noch viel näher am Bahnhof als ich dachte. Noch näher geht es eigentlich gar nicht. Sogar mit Balkon mit Blick auf die Gleise. Für mich als Zug-Fan schön, für andere eventuell etwas laut.

Bahnhof in Olten vom Hotel Amaris aus gesehen
Bahnhof in Olten vom Hotel Amaris aus gesehen

Abends wollte ich dann noch ohne Karte in der Umgebung einen Geldautomaten und etwas zu Essen suchen. Ich hatte ja noch kein Schweizer Geld. Seltsamerweise fand ich spontan keinen Automaten (erst am nächsten Tag, ich war eigentlich schon fast richtig), aber dafür ein nettes Restaurant am Bahnhof. Aber dort kam ich gleich mal in den Geschmack der etwas höheren schweizer Essenspreise: fast 30 Euro für Pommes mit Schnitzel und einem Bier.

Parlez vous francais? – Tag 2

Leider konnte ich wegen meiner Probleme nicht gut schlafen und war schon sehr früh wach. Da der Zug Richtung Genf erst 13:30 abfuhr, war damit noch sehr viel Zeit offen. Ein wenig konnte ich noch im netten Hotelzimmer rumbringen und dann ließ ich meinen Koffer an der Rezeption und wollte Olten mal so richtig im Hellen erkunden. Nun konnte ich auch sehen, dass es hier tatsächlich schon Berge gab. Ansonsten blieb leider der triste Ersteindruck. Es war kalt, es regnete, die Straßen waren menschenleer (sicher wegen Sonntag). Das eine Museum was ich mir anschauen wollte eröffnete erst nächste Woche.

Altstadt in Olten an einem regnerischem Sonntag
Altstadt in Olten an einem regnerischem Sonntag

Ein Museum sah ich aber noch. Das Kunstmuseum Olten in der kleinen Innenstadt. Das gefiel mir am Ende richtig gut, eine schöne Mischung aus verschiedenen Kunst-Arten und weder zu groß, noch zu klein. Und wie so oft bei solchen Museen: schön leer, was ich immer als sehr entspannend empfinde. Es regnete dann zwar immer noch, aber ich fand auch endlich die richtige Altstadt des Ortes und die war hübsch. Ebenso eine ganz alte Holzbrücke über die Aare. Damit fand ich ganz am Ende doch noch nette Eindrücke von Olten und stieg mit keinem negativen Gefühl in den pünktlichen Zug nach Geneve.

Ich nenne es nun Geneve, weil ich zwar wusste, dass es in der französischsprachigen Schweiz liegt, aber erst im Zug wurde mir das so richtig bewusst. Denn um mich herum hörte ich nur noch französisch und die Zugbegleiterin begrüßte mich mit einem tollen „Bonjour Monsieur“.
Die Strecke über Biel war landschaftlich auch sehr schön, trotz des Regens. Besonders der längere Abschnitt am Neuenburger See entlang war nett anzuschauen.

Geneve machte dann einen sehr guten ersten Eindruck am Bahnhof. Dieser war klein, kompakt, aber irgendwie funktionierte dort trotzdem alles wie am Schnürchen und war sehr übersichtlich und sauber. Nachdem ich mir einen Kaffee geholt hatte und ihn ausgetrunken hatte, kam auch schon der Zug von Berenike aus Mailand an und wir konnten uns endlich in die Arme schließen.

Unser Hotel NH Geneva Airport war eine kurze 15 minütige Fahrt mit der Straßenbahn entfernt und lag toll neben einem kleinen Einkaufscenter und direkt unter der Landebahn des Flughafens. Somit brummten öfters beeindruckend groß und laut die Flugzeuge entlang. Ich vermute andere wären ob des Krachs genervt, aber ich fand das echt toll und konnte gar nicht genug davon hören. Im Zimmer hörte man es zwar auch noch trotz der Schallschutzfenster, aber ich fand es ging.

Im Dunkeln suchten wir dann noch etwas zum Abendessen, was in der Schweiz am Sonntag gar nicht so leicht ist. Dort sind die Öffnungszeiten wohl deutlich kürzer als in Deutschland und der Sonntag noch heiliger. Aber im zweitnäherem Einkaufscenter war noch ein Laden offen. Es war eine Mischung aus Döner- und Pizzaladen, aber irgendwie trotzdem nett.

Es knallen die Partikel – Tag 3

Am ersten richtigen gemeinsamen Urlaubstag in Genf gingen wir vormittags wieder zu dem Einkaufscenter von gestern abend, um ein Frühstück zu ergattern. Wir fanden auch einen schönen Laden mit Frühstücksangebot, nur leider stellte sich heraus, dass dieses nur bis 11 Uhr galt und es war kurz nach 11. Warmes Essen gäbe es ab 11:30. Aber wir konnten uns auch was am Bäckerstand aussuchen, daher war die komische Regel und Zwischenzeit egal.

Nachdem ich mir noch 7 Briefmarken kaufte für mein Postkartenreisetagebuch ging es lediglich 4 Haltestellen zur Endstelle „CERN“. Manchen ist das sicherlich ein Begriff. In CERN wird physikalische Grundlagenforschung betrieben und das Highlight ist der riesige Teilchenbeschleuniger unter der Erdoberfläche.

Der Ort war erstmal recht nett. Ein blauer Platz, eine stark befahrene Durchgangsstraße aber vor allem ringsherum nette Berge und strahlendes Wetter. Ich hatte mich vorher informiert und wußte, dass es zwei kostenfreie öffentliche Ausstellungen gibt, die man besuchen kann. Wie sich herausstellte, waren die sehr nah beisammen und offensichtlich gut zu finden.

Das erste nannte sich Universe of Particles. Von außen eine recht imposante hölzerne Riesenkugel, von innen mehr oder weniger ein großer Raum mit ein paar Exponaten und beeindruckender Lichtshow und Erläuterung auf Englisch oder Französisch im Wechsel über das, was im CERN erforscht wird. Die kleinen Partikel. Dazu gab es schöne kleine kuschelige Sitze, wo auf noch mehr Sprachen noch mehr Details erläutert wurden.
Und in einer Ecke stand ziemlich unscheinbar ein Exponat, was mir etwas bedeutet: der erste www-Server überhaupt mit dem handgeschriebenem Hinweis von Tim Berners-Lee, dass das ein Webserver ist und man ihn bitte nicht ausschalten möge. Ja, im Prinzip war das World-Wide-Web ein Nebenprodukt vom CERN. Und so etwas beantwortet auch die Frage, warum es Sinn macht, dass für so etwas Milliarden investiert werden.

Kugeliges Gebäude in CERN mit dem Universe of Particles
Kugeliges Gebäude in CERN mit dem Universe of Particles

Danach überquerten wir die Straße, um zur zweiten Ausstellung zu gelangen. Diese nannte sich Microcosm und dabei ging es eher konkret um das CERN, seine Geschichte und was für Geräte da eigentlich unter der Erde sind und wie sie funktionieren. Auch das sehr interessant. Gegen Ende hin erlahmten aber leider langsam unsere Beine und Hirne (ob der vielen Information), so dass wir dann nicht mehr alles lasen. Im Hof gab es noch eine Art Sonderausstellung. Dort waren alte Geräte ausgestellt, die nicht mehr benutzt wurden. Bei dem einen musste ich spontan an Dr.Who denken und insgesamt wirkte es herrlich steampunkig.
Im Souvenirshop sah ich noch ein T-Shirt was ausdrückte, was ich gerne mal zu Leuten sage, die über ihr Alter klagen: jedes Partikel im Weltall entstand mit dem Urknall, ist demzufolge etwa 13,7 Milliarden Jahre alt. Also ganz im Prinzip könnte man sagen, dass die Bestandteile eines jeden von uns so alt sind und unser biologisches Alter dagegen nichts ist. Leider habe ich mir das T-Shirt dort nicht gekauft. Wie sich später im Urlaub herausstellte, fand ich kein schöneres als Souvenir. Es jetzt nachträglich zu bestellen finde ich dann aber auch unpassend. Jetzt wo ich das schreibe, bin ich ja schon länger nicht mehr im Urlaub.

Nach einem Zwischenstop in einem niedlichen kleinen Cafe tankten wir nochmal kurz Kraft im Hotel und dann fuhren wir abends in die Innenstadt, um dort noch etwas zu spazieren. Wir gingen am Rhein entlang Richtung Genfer See und bewunderten die vielen Lichter. Auf der Suche nach einem netten Lokal wurden wir bei einem Italiener namens Da Paolo fündig. Es war etwas eng und auch recht teuer, aber insgesamt urig und gemütlich dort.

An der UNO vorbeispaziert – Tag 4

An diesem Tag ging es zur ersten Speisung wieder in die Einkaufswelten in der Nähe des Hotels. Dieses Mal eine Art Möbelhaus, so wie bei uns Porta und da gab es ein kleines Kantinenrestaurant. Diesmal hatten wir beide Lust auf Deftig und bestellten uns als Mittagsstück einen dicken Burger mit Pommes. Da es für mich ungewohnt war, mit dickem Essen zu starten standen mir auch bald die Schweißperlen auf der Stirn.

Als erstes wollten wir das UNO-Areal besuchen. An der Servette mussten wir umsteigen in einen Bus und hofften, es wäre so ein cooler Oberleitungsbus, aber das war dann doch ein schnöder normaler Straßenbus. An der UNO war es erstmal schön mit all den Flaggen und der Broken Chair war für mich auch ein gelungenes Mahnmal (gegen Landminen).
Danach gingen wir ein wenig im Kreis den Hügel hinauf um zum Eingang dieses Areals zu kommen. Da das offenbar alles noch in Benutzung war, war alles umzäunt und bewacht. Am Zielort stand dann eine große laute Gruppe wartend im Eingangsbereich. Offenbar hatte die ganze Sache eine Stunde Mittagspause. Leider stand weder dort noch im Internet, was konkret es kostet, was konkret einen erwartet usw. … hier ist die UN wohl noch nicht im 21. Jahrhundert angekommen oder sie wollen extra vermeiden, touristische Gäste zu haben. Jedenfalls war es uns zu unklar, ob sich das Warten und ggf. das Geld lohnen wird, also spazierten wir einfach weiter der Nase nach.

Flaggenmeer vor den Vereinten Nationen
Flaggenmeer vor den Vereinten Nationen

Dabei durchquerten wir den hübschen Botanischen Garten und waren dann wieder am Genfer sehe, reichlich nördlich der Innenstadt und gingen dann wieder Richtung Süden zu ebenjener Innenstadt. Ich hatte dann eine Vision die uns in einem schönen Café sah mit Blick auf den See. Und siehe da, wir stießen tatsächlich auf eins. Das machte zwar fast zu (komisches Cafe, was 15 Uhr schließt …), aber zumindest für einen einfachen Kaffee ließen sie uns noch hinein,

So richtig wußten wir dann nicht, wo wir hinwollten und spazierten einfach wieder der Nase nach, bis uns kalt wurde und die Füße schwer. Wir fanden ein großes Kaufhaus namens Manor. Das war schon nett, aber halt ein Kaufhaus. Außen auf jeden Fall toll erleuchtet. Und drinnen eignete sich das Restaurant oben für eine schöne Rast mit sehr leckerem frischen Saft.
Zum Essen wollten wir dann nach einem Zufallszeichen wieder nach Servette und fanden dort ein indisches Restaurant, was uns gefiel und es sollte nicht bereut werden: es war lecker und für Schweizverhältnisse war es auch preislich ok.

Bootsfahrt auf dem Genfer See – Tag 5

Der erste Programmpunkt des Tages galt einem großen Interesse Berenikes: wir besuchten die Zentrale der EBU (European Broadcasting Union). Diese ist verantwortlich für den Eurovision Song Contest. Es war ein hübscher Park dort. Sogar eine kleine Eislaufbahn war aufgebaut. Wenn wir nicht noch mehr vorgehabt hätten, wäre ich vielleicht mal ne Runde gefahren.

Danach fuhren wir wieder in Richtung See, da wir eine Bootsrundfahrt machen wollten. Eigentlich hatte ich mich ja kundig gemacht und auf der Tourismusseite sah es aus, als ob im November unter der Woche keine Rundfahrten sind. Zum Glück sah Berenike noch an anderer Stelle die Werbung einer anderen Rundfahrtsfirma, die wohl auf dieser Tourismusseite verschwiegen wurde. Das sagte, dass es 14 Uhr eine Rundfahrt gibt. Vor Ort erfuhren wir, dass die wegen Personalmangel aber ausfällt. Die 15 Uhr würde aber stattfinden, garantiert, egal wieviele Leute mitfahren.
Die Stunde brachten wir da in der Nähe auch noch rum und besuchten das See-Freibad Bains des Paquis auf einer Halbinsel. Das sah echt schön aus und ich kann mir vorstellen, dass das im Sommer herrlich sein muss. Aber selbst im Winter waren einige unerschrockene Schwimmer dort.

Die Rundfahrt (mit Swissboat) machten dann insgesamt 6 Gäste mit und sie ging etwas mehr als eine Stunde entgegen dem Uhrzeigersinn. Am Jet d’eau vorbei, an einigen markanten Punkten die jedesmal auf 4 Sprachen erläutert wurden (sehr gut zum Sprachen üben) und in der Ferne konnten wir sogar den Gipfel des Mont Blanc sehen (soweit wir es in der Schule lernten der höchste Berg Europas). Draussen auf dem See war es schon ziemlich kalt, aber zum Glück gab es ja Möglichkeiten, mich zu wärmen.
Es war wieder eine schöne Bootsfahrt. Gut, dass es auch in diesem Urlaub klappte.

Boote in Genf mit dem Jet d'eau
Boote in Genf mit dem Jet d’eau

Nachdem es zuende war, erstmal Cafe. Das nahmen wir gleich in der Nähe des Stadthafens im wunderschönen Cottage Café. Da waren überall interessante Bücher, die man theoretisch dabei lesen konnte. Es war alles schön kuschelig. Und der Kuchen war magnifique. Dort wurde es auch langsam dunkel und somit konnten wir noch das romantische Licht aufsaugen.

Dies saugten wir weiter auf dem abermaligen Weg zum Stadthafen, wo wir mit dem kleinen Linienboot auf die andere Seite übersetzen. Echt eine tolle Erfindnung. Das war auch mit in unserer ÖPNV-Karte inklusive, die wir vom Hotel bekamen. Eigentlich nur eine kleine Nussschale, die alle 10 Minuten fährt und knapp 5 Minuten brauchte bis auf die andere Seite. Ich denke wenn ich dort wohnen würde, würde ich das öfters nutzen.

Dort drüben stellten wir dann erstaunt fest, dass wir schlecht informiert waren. Irgendwie dachte ich, die Innenstadt wäre so das Viertel um den Bahnhof, aber offensichtlich war sie dort. Zuerst die Haupteinkaufsstraße und als wir sie Richtung Hügel verließen wurden die Häuser älter und eindrucksvoller. Und so in der Nachtstimmung waren die Lichter dort auch sehr hübsch.

In der Nähe der Kathedrale fiel uns auch ein kleines gelbes Restaurant ins Auge, wo wir dann auch reingingen nachdem wir den Hügel einmal umrundet hatten und nichts sahen, was uns vielversprechender schien. Der gelbe Laden war wohl Teil einer lokalen Kette namens Chez ma couine. Spezialisiert auf Huhn und demzufolge nahm ich einen ganz normalen „Broiler“ mit Kartoffel-Ecken und Salat. Aber das war perfekt.
Auf dem Rückweg sahen wir auch noch zufällig einen Laden namens „Berenice“. Da Berenike ihrem Namen selten begegnet, war das etwas Besonderes. Es handelte sich um eine Boutique mit exorbitanten Preisen, also beließen wir es bei einem Foto von Aussen.

Käsebauch in luftiger Höhe – Tag 6

Da uns die „neu“ entdeckte Innenstadt am dunklen Abend zuvor so gut gefallen hatte, wollten wir an unserem letzten Genf-Tag diese natürlich nochmal im Hellen erkunden. Ebenso wollten wir auch noch möglichst ein typisch schweizerisches Restaurant besuchen. Wir entschieden uns für das Antiquaires, was wir über Google fanden und ganz gut schien.
Das war es auch. Berenike nahm ein Käsefondue, was mir persönlich aber viel zu käsig gewesen wäre. Für mich gab es zum Glück ein schönes Gericht als Tagesangebot mit Fleisch, Bohnen, Sahnesoße und Kartoffel-Ecken, was insgesamt auch recht schweizerisch erschien. Hier war es auch das erste Mal der Fall, dass ich den ganzen Essensbestellprozess auf Französisch abwickeln konnte, worauf ich innerlich recht stolz war, da ich bisher mit meinem Schulfranzösisch eigentlich nie recht weit kam.

Blick von der Kathedrale St.Peter auf den Genfer See
Blick von der Kathedrale St.Peter auf den Genfer See

Danach ging es in die große Kathedrale St.Peter (oder Saint Pierre auf Französisch). Wir wollten primär auf den Turm hinauf für die Aussicht. Ich fand das da drin recht unscheinbar ausgeschildert, aber letztlich fanden wir es doch gut und es war auch nicht so teuer. Und es gab keinen Fahrstuhl zum Cheaten, so dass unsere Füße die Stufen wirklich selbst bewältigen mussten. Es lohnte sich aber, denn der Ausblick war wie erwartet sehr schön.
Nach Auf- und Abstieg ruhten wir uns noch etwas auf den Bänken im Kirchenschiff aus und lauschten den Glockenschlägen, die keinem für uns nachvollziehbarem System folgten.

Kurz vorm Einschlafen rafften wir uns dann aber doch auf und spazierten noch durch die Altstadtgassen. Ein schönes Café fanden wir (Chocolaterie Philippe Pascoet), was auch gleichzeitig ein Schokoladenladen war. Und während wir dort saßen kamen komische Gestalten rein. Das waren offenbar die Maskottchen des örtlichen Fußballclubs Servette Genf. Toller Name. Und deswegen verfolge ich seitdem etwas, wie dieses Team spielt.

Abends besuchte Berenike dann das erste von zwei Konzerten von MIKA (der eigentliche Anlass der Reise), während ich mal den McDonalds neben dem Hotel ausprobierte und danach die fast-10-Euro Biere in der Hotelbar ausprobierte und eine Runde am Laptop hing. So ging die Zeit aber auch sehr schnell rum, bis ich nicht mehr alleine war.

Einmal quer durch die Schweiz – Tag 7

Tag Nummer 7 sollte ein Transfertag werden, denn wir wechselten den Standort nach Zürich. Den Zug dafür hatte wir anfangs noch nicht gebucht, dadurch schien es fast, als gäbe es keine günstigen Tickets mehr. Zum Glück fanden wir aber noch eine Verbindung die so im 30er Frankenbereich lag pro Person, was ganz ok ist für knapp 3 Stunden Zugfahrt.

Wir konnten dann günstigerweise auch gleich das Flughafenshuttle vom Hotel nutzen. Auch wenn wir gar nicht fliegen wollten, aber die Intercitylinie 1 der Schweiz beginnt im Flughafen von Genf. Ich war sehr lange nicht auf einem Flughafen und fand das alles recht interessant und es war recht viel Trubel da. Nach dem Mittagsstück gingen wir zum Gleis, was echt lang, sauber und unbevölkert war und mir damit sehr gut gefiel. Der Zug war auch ein Mix aus normalen und Doppelstockwaggons.

Zürich begeisterte mich vom Start weg. Der Bahnhof groß, aufgeräumt und leer. Und auch draußen, obwohl es eigentlich Freitagabendfeierabendverkehr sein müsste alles relaxed und rücksichtsvoll auf den Straßen (offenbar reduziert Wohlstand doch die Menge an Arschlöchern). Dann auch dort alles sauber, viel Platz für Nicht-Autofahrer. Die Bahnen waren teilweise hübsch alt. Und dann auch unser Hotel Helvetia. Es lag gut, war überschaubar groß und hatte eine perfekte Lage und war auch vom Design her innen schön anzuschauen. Fast hätten wir das Zimmer 404 gehabt, aber 403 war auch toll (so in Hinsicht auf HTTP Statuscodes).

Casino Zürich mit imposanter Beleuchtung des Nachts
Casino Zürich mit imposanter Beleuchtung des Nachts

Auch an diesem Abend ging Berenike auf Konzert. Diesmal blieb ich aber nicht im Hotel sondern hatte mir schon vorher im Internet etwas in der Nähe ausgeguggt. Nachdem ich bei Subway was gegessen hatte (der Sub des Tages kostete fast dreimal so viel wie zu Hause und trotzdem kam es mir sehr günstig vor) ging ich dann in die George Bar & Grill über dem grandios erleuchtetem Casino von Zürich. Dort war es sehr voll, aber nach etwas Wartezeit bekam ich einen Platz an der Bar. 4 Getränke (2 Bier, ein leckerer Shot des Hauses und ein Longdrink namens Ed von Schleck) später war ich etwa 40€ los, aber der Laden war so schön, dass ich irgendwann gar nicht mehr aufs Geld achtete. Mehr Kompliment geht vermutlich nicht. Dazu trug bestimmt auch die nette Livemusik bei.

Zwanzigtausend Schritte durch Zürich – Tag 8

Wie an den meisten Tagen begann der Tag nach dem Verlassen des Zimmers mit der Suche nach einer schönen Location für die erste Mahlzeit des Tages. Nachdem wir diesmal eine längere Weile herumliefen, sah etwas namens Hiltl vielversprechend aus. Ich dachte zuerst ein etwas größerer Bäcker mit oberer Etage, aber es schien dann doch eher wie ein Restaurant. Interessant: es war ein vegetarischer Brunch mit riesigem Buffet und alles was ich probierte war unglaublich lecker. So etwas kann einen glatt zum Vegetarier machen. Für eine Flatrate erschienen 70 Euro doch etwas viel, daher entschieden wir uns für die Wiege-Variante: 5 CHF für jeweils 100g. Da 100g nicht viel sind, summierte sich das schnell, blieb aber trotzdem noch deutlich unter den 70.
Gerade sah ich das Logo auf ihrer Webseite, wonach es wohl das älteste vegetarische Restaurant der Welt sein soll.

Perfekt gestärkt ging es dann zum großen Sightseeing-Spaziergang. Zürich hat eine schöne große Altstadt mit hübschen kleinen Gassen, Anstiegen, Aus- und Ansichten. Am Ende landeten wir dann an einem der Flüsse der Stadt, der Limmat, und folgten ihm bis zum Zürichsee. Dort musste ich erstmal noch ein paar Socken drüber ziehen, da wie so oft die Wettervorhersage falscher lag, als wenn man raten würde und es war viel kälter als erwartet und angesagt. Am See gefiel es mir auch sehr gut. Das Panorama mit schneebedeckten Gipfeln drumherum und je weiter wir gingen desto leerer wurden die Wege.

Am Ende sahen wir entfernt etwas, was uns neugierig machte. Näher dran sahen wir dann, dass da scheinbar jemand Kram von Vergnügungsparks sammelte und ein riesiger Clownskopf bildete ein Eingangsportal. Irgendwann merkten wir, dass das scheinbar ein Lokal ist, wo man Kaffeetrinken und speisen kann. Mit Panoramafenster zum See, skurriler Inneneinrichtung mit richtig viel verschiedenem zu sehen fürs Auge und mein Kaffeegeschirr hatte süße Blümchen. Scheinbar war das auch ein Veranstaltungsort für Konzerte und dergleichen. Das gefiel mir richtig gut. Wenn ich in Zürich leben würde, wäre ich dort sicher öfters Gast.
Das Lokal hieß übrigens Samigo, aber diese ausgefallene Dekoration schien eher was besonderes zu sein nur jetzt im Winter.

Aliendekoration im Lokal Samigo in Zürich
Aliendekoration im Lokal Samigo in Zürich

Nachdem wir uns im Hotel noch etwas ausgeruht hatten, ging es nochmal los, denn wir wollten die Bahnhofsstraße sehen. Ich hatte gelesen, dass das eine der teuersten Einkaufsstraßen der Welt ist. Ungewöhnlich für eine Bahnhofsstraße, die ja normalerweise Hort von Spielotheken, 1-Euroläden und abgerissenen Gestalten sind, zumindest in Deutschland.
Aber hier war es tatsächlich sehr hübsch. Aber auch voll. Und viel Prunk und teuer. In dem Moment hatte ich auch meinen ersten und einzigen negativen Gedanken zu Zürich. Der zur Schau gestellte Reichtum und die Dekadenz stimmen doch etwas nachdenklich. Wenn man bedenkt, wie weit die Schere der ungleichen Verteilung auseinander geht.

Wir suchten dann noch etwas Schönes für das letzte Abendessen des Urlaubs. In der Altstadt fielen uns auffällig wenig Restaurants auf und die die wir sahen waren auch für schweizer Verhältnisse recht teuer und trotzdem übervoll. Also entfernten wir uns etwas von der Innenstadt und fanden in der Nähe des Hotels ein asiatisches Restaurant namens Lucky Dumpling. Soweit ich das beurteilen kann, war es authentisch dort und lecker sowieso. Und vor allem nicht überlaufen und damit eine entspannte Atmosphäre.

Ein Tag im Zug verrinnt im Flug – Tag 9

Zum Frühstück stellte ich fest, dass das, was ich bisher vom Züricher Hauptbahnhof sah und schön fand, eigentlich nur der Durchgangsbereich in der Mitte war. Als wir endlich mal einen Plan fanden und über ein Gleis nach vorne gingen, gelangten wir in den eigentlichen Kopfbahnhof. Dort war gerade drinnen eine Art kleiner Weihnachtsmarkt und gut gefüllt. Der Bahnhof war auch hier schon hübsch, aber wieder einmal kam ich zu dem Schluss, dass weiterhin kein Bahnhof, den ich im Leben sah, meinem Leipziger Hauptbahnhof das Wasser reichen kann.

Der Eurocity mit dem wir dann mittags in Richtung München losfuhren war überraschend voll. Als ich den das letzte Mal im Sommer nach St.Gallen nutzte war der so leer. Aber wir hatten unseren Platz und die Strecke war sehr schön und aus dem Fenster heraus gab es viel zu sehen, zumindest bis es dunkel war. Nach etwas mehr als 4,5 Stunden kamen wir dann in München an.

Eine manuelle Sitzplatzreservierung im Zug
Eine manuelle Sitzplatzreservierung im Zug

Durch die wieder etwas mehr als eine Stunde Umsteigezeit hatten wir zu keinem Zeitpunkt Stress und konnten uns dort in Ruhe etwas zum Abendessen suchen. Nach unseren Urlaubserfahrungen war das dann auffällig günstig, aber qualitativ ziemlich schlecht. Der ICE nach Leipzig war auch perfekt pünktlich und gar nicht so überfüllt wie ich es an einem Sonntagabend erwartet hatte und somit waren wir entspannt kurz nach 22 Uhr wieder zuhause in Leipzig.

Am Ende lässt die Gans das Wasser

Es war rundherum ein toller Urlaub. Im ersten Moment dachte ich, es wäre teuer gewesen, aber eigentlich war es ok. Das Essen und Trinken war zwar wie mehrfach erwähnt sehr teuer, dafür waren die Hotels aber teils sogar günstiger als in Deutschland (und durch das zu zweit Reisen war es ja auch noch etwas anderes als mit Einzelzimmern). Bei den Bahntickets hatten wir Glück und Eintritte waren eigentlich auch erschwinglich. Am Ende war ich dann in ähnlichen Ausgaben pro Tag wie bei den anderen Urlauben in Deutschland, teils sogar darunter.

Ganz besonders toll fand ich, dass ich trotz aktiven gesundheitlichen Problemen reisen konnte und es geniessen konnte. Das sollte mir Sicherheit für die nächsten Mal geben.

Auch mit der Deutschen Bahn hat im Großen und Ganzen wieder alles geklappt. Bei insgesamt ca. 2000 Bahnkilometern kam ich immer an, und das auch jedes Mal pünktlich und mit einer angenehmen Fahrt. Manchmal ist mir schleierhaft, warum da immer so viele meckern. Meine Realität ist eine andere. Ich bin jetzt zwar kein regelmäßiger Pendler, aber für Reisen fahre ich doch recht oft.

Ich freue mich schon auf die nächsten Reisen. Das werden sicher erstmal andere Orte als die Schweiz, aber hier gibt es noch hübsche Flecken, die wir besuchen könnten, z.B. die Hauptstadt Bern.