AEWO - Alles ein wenig ordentlich
8. April 2019, 21:30

Endlich Harz

Berg mit Stift Quedlinburg
Berg mit Stift Quedlinburg

Der Start in den Spätwinderurlaub

Schon lange wollte ich mal den Harz besuchen. Zwei Versuche schlugen bisher fehl, einmal wegen Krankheit, einmal wegen kurzfristiger Alternative. Aber aller guten Dinge sind drei, und so klappte es diesmal.
In Sachen Zuganbindung und Image schwankte ich zwischen Wernigerode und Quedlinburg und entschied mich für Letzteres. Zuerst sagten mir die angezeigten Hotels bei booking.com nicht so zu, aber das ca. 10. zog mich dann in seinen Bann.
Es war nicht weit weg vom Bahnhof und vor allem hatte es einen vielversprechenden SPA-Bereich. Eigentlich wollte ich nur 3 Nächte buchen, aber ich machte deswegen spontan 5 daraus.

Die Fahrt dahin versprach von vornherein wenig Komplikationen. Nur der Sturm am Vortag machte mich etwas nervös, immerhin wurde in NRW der ganze Fernverkehr eingestellt.
Aber die Strecke war frei, also war meine größte Ungewissheit eigentlich nur, ob der Fahrstuhl in meinem Wohnhaus fährt.
Der Intercity Richtung Magdeburg startete in Leipzig und stand offenbar schon fast eine Stunde vorher zum Einsteigen bereit. Ebenso war es dann in Magdeburg beim Umsteigen. Der Regionalzug startete auch dort und stand schon da. So mag ich das, nicht blöde am Bahnsteig warten müssen sondern schonmal reinsetzen können.

Mein erster Eindruck von Quedlinburg war erstmal negativ. Der Bahnhof war sehr heruntergekommen, dann etwas an einer Hauptstraße entlang und als ich dem Hotel näher kam einige Ruinen, durch die der Wind pfiff. Wenig freundliche Gesichter.

Erster Eindruck Quedlinburg mit Hausruine

Erster Eindruck Quedlinburg mit Hausruine

Als ich das Hotel Balneolum erreichte, wurde es aber besser. Netter Empfang, schön ruhig und mein Zimmer war ok. Ich habe mich auch schon den ganzen Tag auf den SPA-Bereich gefreut, also war das mein erster Gang. Natürlich habe ich dort gleich einmal alles kurz ausprobiert. Ein Runde Schwimmen im Pool, im Whirlpool blubbern lassen, einen Gang ins Dampfbad und einen in die Sauna.

Spaziergang durch die Welterbestadt

Der erste richtige Tag stand im Zeichen meiner Primärurlaubsstadt. Bewaffnet mit Infos von Wikipedia und einem kleinen Stadtplan machte ich mich auf Richtung Innenstadt und nach 15 Minuten Gehweg war ich auch schon dort. Die Innenstadt von Quedlinburg ist ja Weltkulturerbe, weil dort sehr viele alte niedliche Häuser stehen und dem war auch so. Ich hatte Glück, dass es in der eigentlich schlecht bewetterten Woche an diesem Vormittag schönen Sonnenschein gab.
So schlenderte ich gemütlich durch die Gasse, kam an der Nikolaikirche vorbei und dem Markt daneben und danach ging es in Richtung Marktkirche. Dort war auch das Rathaus, vor dem ich eine längere Pause auf einer sonnigen Bank machte. An diesem Dienstag-Vormittag war auch nicht viel los in der Stadt.

Rathaus von Quedlinburg im Sonnenschein

Rathaus von Quedlinburg im Sonnenschein

Nachdem ich dann noch weiter kreuz und quer durch die Gassen lief und mich an der Weggabelung Hölle und Pölle für die Hölle entschied (das wäre eine sehr nette Adresse zum Wohnen) wendete ich mich langsam dem Burgberg zu. An dessem Fuße lag das süße kleine Fischrestaurant Quedlingburger Fisch-Kate, was auf Google eine gute Bewertung hatte, die wie üblich nicht log.
Ich nahm das Fischfilet des Tages, was wohl jeden Tag wechselt und relativ frisch gefangen ist. An diesem Tag gab es Viktoria-Irgendwas (das habe ich nicht im Kopf behalten können). Auf jeden Fall schmeckte es sehr gut.

Für den Nachmittag wollte ich mir als Höhepunkt im wahrsten Sinne des Wortes den Burgberg mit der Stiftskirche St. Servatii vornehmen. Oben angekommen gab es tatsächlich eine sehr nette Aussicht auf die Stadt.
Mit Ticket für Kirche, Schatz und Museum begab ich mich dann auf den Rundgang und fand alles recht interessant und lohnenswert. Der Schatz beinhaltete ein paar interessante Reliquien.
Am Grab der Königin Mathilde brummte recht pietätlos mein Handy, ich hoffe sie verzeiht es mir. Auch die Kellergewölbe im Museum gefielen mir, nur die Räumlichkeiten oben hauten mich nicht so sehr vom Hocker.

Anschließend begab ich mich auf die Suche nach einem Café und wurde fündig beim Café Pfannkuchen. Das sah sehr gemütlich dort aus, aber einen Pfannkuchen nahm ich nicht zum Kaffee. Dafür aber einen sehr schönen Apfelkuchen mit warmer Vanillesoße. Dieser brachte aber nach dem schon üppigen Mittag meinen Magen an seine Grenzen. Gut, dass ich im Hotel wieder schwimmen konnte und an dem Tag sehr viel Bewegung an der frischen Luft hatte.

Thale Teil 1

Tag 2 sollte unter dem Thema Eisenbahn stehen. Ich habe lange die Möglichkeiten mit der Dampfeisenbahn Harz geprüft, aber es hat mich am Ende doch nicht so angesprochen. Mit der Selketalbahn hätte ich fahren können, aber es fühlte sich dann doch nicht so gut an eine Stunde da drin zu sitzen, dann in Alexisbad die Zeit totschlagen (ich fand in diesem Ort nichts wirklich Interessantes für mich) und dann wieder mit einer Nicht-Dampf-Eisenbahn zurück.

Zum Glück fiel mir noch eine Alternative ein: mit dem normalen Regionalzug einfach 12 Minuten eine Stadt weiter fahren, nach Thale. Ticket ist ja fix mit der Bahn-App gekauft und kostete mit Bahncard auch nicht mehr als ein Ticket zu Hause bei der LVB.
Thale gefiel mir erstmal richtig gut. Dort begannen endlich die Berge, was man in Quedlinburg noch nicht so sah. Es war eindeutig touristischer und damit schmucker und ein kleiner Park empfing mich mit einer interessant aussehenden Kirche und Märchenfiguren.

Dann kam ich zu einem Areal was im Zeichen von Kabinenbahn, Sessellift und Freizeitaktivitäten stand. Es war recht leer und die Kabinenbahn zum Hexentanzplatz fuhr an dem Tag wegen Sturm nicht. Also der Sessellift. Auf die Frage ob offen oder mit Dach entschied ich mich für das Cabrio und das war auch gut so. Etwas frisch und etwas windig, aber die Fahrt nach oben war doch sehr entschleunigend.
Dort suchte ich dann den Weg zur Roßtrappe und der ging schön durch Wald und über Felsen.
Die Roßtrappe selbst gefiel mir richtig gut, gerade auch mit den gelegentlichen sonnigen Wolkenlücken und dem Sturm und dadurch auch wenig Leute dort. Es wird auch der Grand Canon Deutschlands genannt. Es ist natürlich viel kleiner, aber ich konnte sehen, wie man darauf kommt. Echt ein schönes Fleckchen Erde dort. Zur Roßtrappe gibt es auch eine nette Sage.

Sessellift abwärts von der Roßtrappe

Sessellift abwärts von der Roßtrappe

Zwischen Talstation und Bahnhof lag noch das Hüttenmuseum einer dort seit ca. 300 Jahre ansässigen Industrie. Ich war der einzige Gast, die Ausstellung schien mir etwas durcheinander, aber es hatte seinen Charme. Offenbar wurde das Museum noch in der DDR angelegt und die Beschriftungen und Texte hatten einen sehr sozialistischen Klang, was aber auch seinen Teil zur Authentizität beitrug. Nach dem Rundgang bestellte ich mir einen Kaffee, der nur 1€ kostete. Diese wurde stilecht extra für mich als Filterkaffee in einer Kanne aufbereitet und in einer Blümchentasse ausgeschenkt.

Der SPA-Martin

Der Donnerstag sollte wettertechnisch der schlechteste Tag der Woche werden. Regen und Sturm. Von daher bot es sich an, diesen von vornherein als SPA-Tag zu planen. Von 10 bis 13 Uhr donnerstags findet im Hotelpool Babyschwimmen statt für die ansässigen Babies. Ich wollte vorher noch eine Runde schwimmen, habe mich aber in der Zeit vertan. Das Schwimmen begann wohl schon 9 Uhr. Ich hatte kurz überlegt, mich als Baby auszugeben und mit in den Pool zu hüpfen, war dann aber zu schüchtern.

Also habe ich etwas gelesen und wollte dann draussen etwas zum Mittag essen. Ich ging etwas durchs Neubauviertel und dort in der Gegend rum. Im Hotelumfeld ist echt der Hund begraben, ich fand nicht einmal einen Imbiss und kaufte mir dann im Billigsupermarkt Toastbrot und Streichcreme. Aber das geht auch, soviel Essen braucht man ja auch nicht.

SPA Landschaft im Hotel Balneolum

SPA Landschaft im Hotel Balneolum

Anschließend ging es dann in den SPA-Bereich und dort immer im Wechsel was im Wasser, in der Hitze und auf der Liege lange lümmeln. Vorab hatte ich mir für 99€ ein Kombiangebot gebucht für 16.15 Uhr und zwar eine Stunde lang Ganzkörpermassage mit warmen Öl und direkt danach 45 Minuten floaten. Für Letzteres gab es eine sehr große Wanne in Form einer Muschel, die man auch schließen konnte. Das war herrlich und beides zusammen entspannte fast jeden Muskel meines Körpers. In der folgenden Nacht konnte ich dann auch wunderbar schlafen.

Auch für abends hatte ich vorgesorgt. Im Hotel gibt es abends kein spontanes Essen ala Carte und wenn man etwas möchte, kann man aus drei Gerichten bis 16 Uhr wählen. Das tat ich und es war pünktlich nach meiner Mehrfachentspannung fertig und es schmeckte deliziös. Abgerundet von zwei netten kühlen Blonden.

Thale Teil 2

Am letzten vollen Tag wäre eigentlich nochmal was in Quedlinburg in meinem Sinn gewesen, aber ich fand nicht so wirklich was, was mich dort noch interessiert. Und da mir Thale an Tag 2 so gut gefiel, fuhr ich einfach nochmal dort hin. Denn diesmal war die Kabinenbahn zum Hexentanzplatz in Betrieb.

Ich kaufte mir ein Ticket für Rauf und Runter, aber bei der Fahrt nach oben merkte ich, dass es sinnvoll war, dass die Bahn bei Sturm gesperrt ist und dass es auch an diesem Tag vermutlich kurz davor war. Man sitzt da in einer kleinen Gondel mit zwei gegenüberliegenden Bänken. Unten drunter ewig Abgrund und immer wieder pfeifen Böen und bringen die Gondel ziemlich stark zum schaukeln. Da wurde mir recht mulmig, gerade auch beim Gedanken daran, dass man darin gefangen ist und wenn das Ding jetzt aus Grund stehen bleibt für längere Zeit, dann würde das sehr unangenehm.

Sehr froh überlebt zu haben stieg ich aus und es begrüßte mich Wind und Nieselregen. Entsprechend war es dort oben auch relativ ausgestorben. Ich lief etwas hin und her, überlegte auch kurz, ob ich in den Tierpark dort gehe, entschied mich aber wegen dem ungemütlichen Wetter dagegen und kehrte ein in Berghotel Hexentanzplatz.

Abstieg vom Hexentanzplatz

Abstieg vom Hexentanzplatz

Als mir dann wieder warm war und ich mich gestärkt fühlte, entschied ich mich gegen eine Angstgondelfahrt und wagte mich an den Abstieg zu Fuß. Und ja, mir ist schon klar, dass objektiv gesehen dabei die Gefahr größer ist (Äste die durch den Wind auf den Kopf fallen können, umknicken oder stürzen allein im Wald), aber es geht ja um die gefühlte Gefahr. Und so wurde es noch eine Art kleines Abenteuer, denn es ging schon gut bergab und auch viel über Steine und felsigen Untergrund, so dass ich gut aufpassen musste bei jedem Schritt. Was mit der Zeit auch schwieriger wurde, da langsam die Kraft in den Beinen nachließ. Es war dann genau die richtige Distanz und in der Talstation gönnte ich mir noch einen schönen Kaffee.

Heimwärts. Und wie wars?

Mit der Rückfahrt hatte ich diesmal weniger Probleme. Ich spürte zwar auch mal kurz die übliche Vor-Unterwegssein-Übelkeit, aber es hielt sich in Grenzen. Ich denke es lag daran, dass ich noch viel Zeit hatte (bis 11 Uhr) und somit auch nochmal schön eine Runde im Pool schwimmen konnte und weil die Reisedauer überschaubar war.
Der Zug kam auch pünktlich. Nur in Halberstadt blieb er plötzlich am Bahnhof stehen ohne Durchsage was ist. Sowas mag ich gar nicht. Aber es fuhr dann weiter und die Verspätung hielt sich so im Rahmen, dass sie gut für mich war. Denn dadurch war die Umsteigezeit perfekt. Der Zug hielt an, ich stieg aus und konnte dort gleich stehenbleiben, weil am Nachbargleis ein paar Minuten später mein zweiter Zug einfuhr.
Diesen IC mag ich, der zwischen Nordsee und Leipzig fährt. War wie immer schön ruhig da drin und von der oberen Etage kann man schön rausschauen.

Bahnhof in Thale mit Regionalzug

Bahnhof in Thale mit Regionalzug

Da ich zu Hause gleich wieder Lust hatte, nochmal zu verreisen denke ich, war es eine gute Reise. Allerdings lag das primär eher am Hotel als an Quedlingburg. Der Kern dieser kleinen Stadt ist zwar hübsch, aber ansonsten bietet es nicht viel und deprimiert eher. Also für einen Tagesausflug sehr gut, für einen Urlaub abseits von Wellness wohl eher nicht. Dann lieber gleich richtig in den Harz rein.