Meine kleine Reise nach Erfurt
Als ich kürzlich las, dass die Bahnstrecke Leipzig – Erfurt modernisiert wurde und man nur noch 43 Minuten für die Strecke braucht, rutschte Erfurt auf mein Radar und mir wurde bewusst, dass ich in dieser eigentlich nahen Stadt noch nie war. Also ideal für ein langes Wochenende. Anfang Januar hatte ich es schon einmal probiert, aber da machte mir Krankheit einen Strich durch die Rechnung und ich musste wiedermal kurzfristig stornieren. Daraus habe ich aber gelernt und mir vorgenommen, gerade für so nahe Ziele für einen Wochenendtrip das Ganze viel spontaner zu machen. Somit habe ich Freitag früh in mich hineingehorcht – Wetteraussicht solala, Gesundheit ebenso – und mich dann entschieden, zu fahren. Schnell gebucht, gepackt und eine Stunde später ging es schon los.
Ich fahre mit dem Zug
Aufgrund meiner kurzfristigen Reiseplanung und dem Fakt, dass ich zu Hause keinen sofort einsatzfähigen Drucker habe, bin ich diesmal davon abgekommen, als Bahnticket immer etwas in der Hand haben zu wollen und habe mal die Möglichkeit ausprobiert, ein Handyticket bei der Bahn zu nutzen. Die App läßt sich eigentlich gut bedienen, fast sogar besser als die Webseite. Mit meinem Bahnaccount verknüpft und schnell waren meine Daten verfügbar. Man kann dort auch gleich sehen, ob der gewählte Zug Verspätung hat und wenn ja wieviel. Und auch wenn ich so kurzfristig buchte gab es für meinen erwählten Zug auch noch Spartickets. Mit Bahncardbonus waren es dann 14,50 € nach Erfurt und wenn man hier noch abrechnet, dass da ein ÖPNV-Ticket für Start- und Zielstadt dabei ist, liegt der Preis dann schon eher bei 10 €, was schon kaum mehr als Fernbus ist.
Erstaunlich fand ich auch die Fahrzeit. Als ich gedankenversunken aus dem Zugfenster schaute hab ich das überschlagen: Wenn ich von zu Hause losmache und Umstieg Straßenbahn zu Bahn knappestmöglich berechne, brauche ich ca. 60 Minuten, bis ich im Hbf. Erfurt bin. Verglichen dazu: wenn ich meine Eltern in Grünau besuche mit ÖNPV brauche ich ca. 50 Minuten bis dahin. Ist halt ein Unterschied ob die Bimmel mit Haltestellen vor sich hinzuckelt oder der ICE mit durchschnittlich 200 km/h durch die Landschaft rauscht.
Ich hatte mich für das Hotel an der Krämerbrücke eingebucht. Aufgrund seiner Nähe zur gleichnamigen Sehenswürdigkeit war es ziemlich leicht, das auch ohne Karte vom Bahnhof aus zu finden. Das Zimmer haute mich nicht gerade vom Hocker, aber es war gut genug und da ich schon zum frühestmöglichen Check-In da war, konnte ich auch noch etwas die nähere Umgebung erkunden. Leider war das Wetter etwas unerquicklich, Nieselregen und etwas windig, daher habe ich die Erkundung auch nicht so ewig ausgedehnt.
Ein größerer Erfurter Rundgang
Samstag früh nach einem für meine Verhältnisse ausgiebigem Frühstück ging es los in Richtung EGA-Park. Ich habe zwar keinen Garten, interessiere mich aber dafür und daher ist mir dieser Park auch ein Begriff gewesen und ich wollte ihn mir gern einmal ansehen. Als ich gegen 10 Uhr unterwegs war, war es auffällig leer in Erfurt. Was mir auch noch aufgefallen war: noch mehr verwirrt aussehende mittelalte bis ältere Männer die allein vor sich hinlaufen und vor sich hinbrabbeln als man es in Leipzig sieht.
Der EGA-Park kostete zu dieser Winterjahreszeit keinen Eintritt, was auch gerechtfertigt ist, schließlich wächst da ja kaum etwas und es ist recht kahl. Bis auf einen kleinen Kinderbauernhof mit Tieren und dem netten Aussichtsturm war da auch wenig sonst. Im Frühjahr oder Sommer wird es dort sicher herrlich aussehen. Aber was schön war, war das große Gewächshaus, bestehend aus 5 Untergewächshäusern. Dies kostete dann auch einen kleinen Obulus von 3 Euro, was aber ok ist. Neben der angenehm mollig warmen Temperatur gab es da auch schön viele verschiedene Grüntöne für das Auge und in einer Halle auch eine große Anzahl von freifliegenden Schmetterlingen. Teilweise sind die handtellergroßen Tierchen ganz schön nah um den Kopf herumgeflattert.
Leider war mir dann auch noch etwas anderes aufgefallen: Erfurt meinte es nicht so ganz gut mit mir, da recht viel geschlossen war, was ich gern gesehen hätte. Zuerst das Gartenbaumuseum, dann am Markt ein Museum, dann wollte ich eins sehen was Kunst des Mittelalters hieß, aber da wo es auf der Karte eingezeichnet war, war es nicht auffindbar. Dann hatte ich Lust auf ein wenig Casino (also nicht so eine zwielichtige Kaschemme sondern ein Richtiges, wo man abgerissen nicht hineinkommt). Nach kurzer Recherche sah ich, dass es eines gab, das aber geschlossen wurde. Eine Stadtrundfahrt mit dem Bus wollte ich auch gern machen, aber auch das fuhr im Januar nicht.
Vom EGA-Park aus konnte ich in der Ferne den Dom sehen und hab dann entschlossen, die 2 Euro Fahrscheingeld zu sparen und zurückzulaufen, zumal da dann auch das Wetter schön war. So groß ist Erfurt scheinbar auch nicht, wenn man gut zu Fuß ist kann man viel erlaufen, vermutlich eigentlich alles. Im Folgenden bin ich dann auch kreuz und quer durch die Altstadt gewandert, die gefiel mir gut. Das kann man auch wirklich Altstadt nennen im Vergleich zu Leipzig. Und auffällig viele Kirchen gibt es dort. Da es aber immer noch eine Stadt im Osten ist aber nicht so viele Gläubige. Inzwischen war es dann auch Nachmittag und dann waren die Straßen auch sehr gut belebt. Ein Blick auf mein Fitbitarmband zeigte dann, dass dieser Tag von den Schritten her mein Rekordtag war, seit ich das Armband habe und das machte sich dann auch bemerkbar, zusammen mit den letzten Wochen und Monaten wo mich mein Gesundheitszustand doch etwas auszehrte war ich dann sehr müde und hab dann auch nichts weiter gemacht.
Museen und Fasching
Sonntag fühlte sich mein Bauch dann leider mal wieder nicht so gut an. Ich hatte mir aber nur einen Museumstag vorgenommen mit jeweils kleineren Happen, damit war es vereinbar. Auf dem Weg zum ersten Museum am Anger fiel mir noch etwas in Erfurt auf: Dort gibt es im Vergleich zu Leipzig viel mehr Mülleimer auf den Straßen, merkwürdigerweise liegt gleichzeitig aber auch weitaus mehr Müll auf den Straßen. Und der Karnevalsumzug fand erst danach statt, das kann es also nicht gewesen sein. Besagtes Museum war dann vom Typ Kunst, also hauptsächlich Bilder. Sowas hatte ich mir schon länger nicht mehr angesehen und auch in Leipzig mal wieder Lust darauf. War ganz ok. Und da ich keine bevölkerten Orte mag und das dort das genaue Gegenteil war, war es auch schön ruhig. Interessant war noch, dass von unten in Vorbereitung auf Karneval laute Musik hineindröhnte vom Typ Ballermann-Party. Das war ein netter Kontrast zur alten Kunst.
Auch wenn mich Magenprobleme etwas belasteten wollte ich zumindest einmal dort richtig was schönes Essen. Ich habe mich dann für das Gasthaus Feuerkugel entschieden, weil es im Internet ganz gute Bewertungen hatte. Eigentlich hätte ich gerne klassisch was mit Thüringer Klößen gegessen, aber aus genanntem Problem hab ich doch lieber etwas Bekömmlicheres genommen: Fisch, namentlich ein Steinbeißer mit Kartoffelstampf. Das war auch ausgesprochen lecker und hat den alten Magen erstmal beruhigt. Inzwischen hatte mich aber auch starke Müdigkeit befallen. Da alles nah beieinander war, hab ich einfach einen Zwischenstopp im Hotel gemacht für einen schön erholsamen Mittagsschlaf.
Auf dem Weg zum Stadtmuseum fiel mir auch auf, dass offenbar der Karnevalsumzug gerade im Gange war und da habe ich mich mit an die Straße gestellt. Das eine Schokoei, was mir an den Kopf flog hab ich dann auch verspeist. Da waren immer mal Spielmannszüge, sowas finde ich eigentlich ganz schick, vor allem wenn es mit vielen Trommlern ist, deren Trommeln man schön im Körper spürt. Ingesamt bin ich aber ein Griesgram und hab wie gesagt eine Allergie gegen Menschenansammlungen, also bin ich wieder auf in ein einsames Museum. Das Stadtmuseum gefiel mir aber nicht so sehr, ich vermisste da die chronologische Ordnung.
Wie es war
Insgesamt hat mir der kleine Wochenendurlaub und Erfurt ganz gut gefallen. Leider war der Wermutstropfen, dass zwischendurch wieder der Bauch Probleme machte. Ich war mir Donnerstag und Freitag unsicher ob ich fahren sollte, da ich das schon merkte und während ich fern der Heimat die Probleme hatte, hab ich auch kurz bereut, gefahren zu sein. Mit etwas Abstand war es aber trotzdem richtig. Aktuell weiß ich nicht wann und wie Probleme kommen, daher muss ich ein Zeitfenster nutzen, wenn es sich gut genug anfühlt und das tat es letztlich.
Was ich auch wieder merkte: manchmal hat man so allein dann doch Probleme, den Tag zu füllen. Gleichzeitig merkte ich, wie sehr ich Zugfahren mag. Einfach aus dem Fenster sehen, wie die Landschaft an einem vorbeizieht, dabei kann ich schön die Gedanken schweifen lassen. Vielleicht sollte ich das nächste mal ein ferneres Ziel wählen, vielleicht auch einen Tag weniger, so dass der Anteil der Fahrt an der Reise größer wird.